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Ignorierter Erklärungswert: Finanzamt darf nachträglich gemeldete Lohndaten nicht berücksichtigen

Arbeitgeber müssen die Lohndaten ihrer Arbeitnehmer alljährlich an die Finanzämter melden. Die elektronischen Datensätze werden dann bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung als Programmvorschlag behandelt.

Übernimmt das Finanzamt die elektronischen Lohndaten in den Einkommensteuerbescheid, ohne sie mit den Werten laut Steuererklärung abzugleichen, und wird dadurch ein zu niedriger Arbeitslohn angesetzt, darf das Finanzamt diesen Fehler nach Bestandskraft des Bescheids nicht mehr korrigieren. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) hervor.

Geklagt hatten Eheleute, die den Arbeitslohn der Ehefrau aus zwei Dienstverhältnissen zutreffend in ihrer Einkommensteuererklärung 2011 angegeben hatten. Bei der Veranlagung waren jedoch nur die elektronischen Lohndaten eines Arbeitgebers im Programm des Finanzamts vorhanden. Es übernahm diesen elektronischen Datensatz und setzte dadurch einen zu geringen Arbeitslohn an. Nachdem der Bescheid bestandskräftig war, gingen die elektronischen Lohndaten des zweiten Arbeitgebers beim Finanzamt ein, woraufhin es seinen Fehler erkannte und den Einkommensteuerbescheid aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit änderte, so dass nun die Arbeitslöhne aus beiden Dienstverhältnissen erfasst wurden.

Der BFH urteilte, dass das Finanzamt zu dieser Bescheidkorrektur nicht berechtigt war. Die verfahrensrechtliche Korrekturmöglichkeit, die nach der Abgabenordnung (AO) bei offenbaren Unrichtigkeiten besteht, war im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Hinweis: Nach dieser Vorschrift kann das Finanzamt Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten korrigieren, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind.

Nach Gerichtsmeinung lag hier keine offenbare Unrichtigkeit vor, weil die Eheleute den Arbeitslohn der Ehefrau zutreffend erklärt hatten, das Finanzamt ihre Angaben aber im Vertrauen auf die Richtigkeit der elektronischen Lohndaten ignoriert hatte. Das Amt hatte daher einen Ermittlungsfehler begangen, der einer späteren Berichtigung aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit nicht zugänglich war.

Hinweis: Mit Wirkung zum 01.01.2017 hat der Gesetzgeber eine neue Korrekturmöglichkeit in der AO geschaffen, nach der ein Steuerbescheid aufgehoben oder geändert werden kann, wenn das Finanzamt elektronische (Lohn-)Daten nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt hat. Diese Änderungsnorm war im Urteilsfall noch nicht anwendbar, da sie erst für Besteuerungszeiträume nach 2016 gilt.

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zum Thema: übrige Steuerarten

(aus: Ausgabe 06/2018)

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